OTS0117 / 12.08.2011 / 16:05 / Channel: Politik / Aussender: Kurier
Stichworte: Die neue ÖVP / Eine Beiwagerl-Partei / Pressestimmen


"KURIER"-Kommentar von Helmut Brandstätter: "Die neue ÖVP: Eine Beiwagerl-Partei"

Utl.: Die ÖVP wollte einmal das Land führen, heute will sie nur mehr Posten besetzen. =


   Wien (OTS) - Bruno Kreisky hatte einen Traum. Der
SPÖ-Bundeskanzler (1970-1983) wollte das bürgerliche Lager spalten,
um die Macht der Sozialdemokratie auf Dauer zu festigen. Sein Vorbild
waren skandinavische Länder, wo Bauern, Arbeitnehmer und
Selbstständige oft  in unterschiedlichen Parteien organisiert sind.
   Kreiskys Traum ist inzwischen Wirklichkeit geworden. Die ÖVP
versammelt die Bürgerlichen nicht mehr. Bei der letzten
Nationalratswahl sind rund 40.000 Wähler von der ÖVP zu den Grünen
gewandert. Das BZÖ bietet mit seiner Führung zwar ein wirres Bild -
vom rechten Fundi Ewald Stadler über Sonnenbank-Petzner  bis zum
gerichtsbekannten Peter Westenthaler ist alles dabei -, aber
Parteichef Josef Bucher bemüht sich wenigstens um einen
wirtschaftsliberalen Auftritt, der für manche Unternehmer attraktiv
sein könnte. Bucher macht uns regelmäßig darauf aufmerksam, dass wir
mehr als die Hälfte des Jahres für das Finanzamt arbeiten.
Leistung 
Fragt man ÖVP-Spitzenpolitiker, wofür ihre Partei steht, kommt
schnell das Wort "Leistung". Was das bei der Steuerpolitik, den
Förderungen oder in der Schule bedeutet, weiß dann schon niemand
mehr.
   Apropos Leistung: Dem ORF-Chef Alexander Wrabetz bescheinigen
ÖVP-Politiker seit Jahren, dass seine Leistung sicher nicht für eine
Verlängerung ausreiche. Also hat man ihn logischerweise im
Stiftungsrat auch mit vielen ÖVP-Stimmen wiedergewählt. Denn die ÖVP
will oft in der "Zeit im Bild" vorkommen - ob das immer eine gute
Idee ist? - und bei der Postenverteilung kräftig mitpackeln.
Vorstellungen, wie ein modernes Medienunternehmen mit
öffentlich-rechtlichem Auftrag aussehen soll, sind nicht überliefert.
  Immerhin gab es einmal so etwas wie eine Perspektivengruppe in der
ÖVP. Zunächst wirkte das wie ein Beschäftigungsprogramm für den 
jungen Josef Pröll, dann gab es Ergebnisse, heute ist alles
vergessen.
   Dafür macht sich auf der Homepage der Kärntner ÖVP eine Dame
Gedanken - unter dem Titel: "Frauinnen an die Machtin." Ernsthaft.
Dabei ist die Abkehr von der deutschen Sprache noch das geringste
Problem der Kärntner ÖVP. Die 16-%-Partei hängt auch in der
Scheuch-Krise an ihrem einzigen Posten in der Landesregierung. Gerade
gegen den ÖVP-Landesrat laufen übrigens Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft Klagenfurt. 
   Damit sind wir beim nächsten Problem der ÖVP: Zu viele Affären aus
der schwarz-blauen Zeit beschäftigen uns. Viel zu langsam kommen
einzelne Korruptionsskandale ans Licht. Die Justiz macht nicht immer
den Eindruck, als würden alle Verdächtigen gleich behandelt. 
Skandale, wie die völlig überteuerten Büros für den
Verfassungsgerichtshof, regen auch bei der ÖVP niemanden mehr auf. Es
ist ja Urlaubszeit.
   Also hofft die ÖVP darauf, dass sie weiter mit der schwächsten SPÖ
seit Menschengedenken regieren darf. Bequem im Beiwagen.
   Es laufen ziemlich viele Bürgerliche orientierungslos herum,
mindestens so orientierungslos wie die ÖVP.
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   KURIER, Innenpolitik
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