OTS0121 / 12.08.2011 / 17:43 / Channel: Politik / Aussender: Der Standard
Stichworte: Innenpolitik / Medien / Pressestimmen / Universitäten / Vorausmeldung


DER STANDARD-Kommentar "Die Wutprofessoren" von Alexandra Föderl-Schmid

Utl.: "Die Regierung fährt einen Ignoranzkurs gegen die Universitäten" - Ausgabe 13.8.2011 =


   wien (OTS) - Es ist ein Hilferuf: Ein Rektor nach dem anderen
droht mit der Schließung von Studieneinrichtungen. Mit Heinz Engl von
der Universität Wien schreit nun auch die größte Hochschule des
Landes auf. Immer mehr Rektoren werden zu Wutprofessoren, die mit
drastischen Worten auf die fatale Situation an den Universitäten
aufmerksam machen. Aber das wird nicht reichen. 
Wie schon seine Vorgängerin Beatrix Karl, die mit gleichlautenden
Drohungen der Rektoren der Universität für Bodenkultur, der
Salzburger Uni und der Universität für angewandte Kunst im Vorjahr
konfrontiert war, fällt auch dem nunmehrigen Wissenschaftsminister
Karlheinz Töchterle (VP) nichts anderes ein als die Ankündigung: Er
werde für mehr Mittel für die Universitäten ab 2013 kämpfen. Eine
Kampfansage klingt anders. 
Noch im Oktober 2010 hatte Töchterle erklärt: "Die Situation ist
dramatisch." Und: "Unser größter Wunsch wäre, wenn die
Koalitionsparteien aufhören würden, mit den Universitäten Pingpong zu
spielen." Damals war Töchterle Rektor der Universität Innsbruck,
heute ist er als Wissenschaftsminister derjenige, der Pingpong
spielt. Die ÖVP ist der eine Teil in dem Spiel, die SPÖ der andere.
Auch wenn einzelne Landespolitiker wie zuletzt der Tiroler
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und die Salzburgerin Gabi
Burgstaller (SPÖ) ihre jeweiligen Parteien schon aufgefordert haben,
sich in der Bildungspolitik zu bewegen und Zugeständnisse zu machen,
gibt es nach wie vor eine Pattsituation: Die SPÖ beharrt auf den
freien Uni-Zugang, die ÖVP blockiert die Gesamtschule. Beide halten
an ideologisch begründeten Prinzipien fest und betreiben
Realitätsverweigerung.
Die Politik lässt die Lehrenden, die Studierenden und die
Universitätsverwaltung mit ihren Problemen schlicht sitzen. In keinem
anderen Sektor zeigt sich derzeit so deutlich, welche Auswirkungen
Nichtstun in der Politik hat: Die Studienbedingungen haben sich in
den vergangenen Jahren verschlechtert. Der Andrang der Studierenden
hat sich massiv vergrößert, die Kapazitäten an den Hochschulen wurden
nicht angepasst. Die Langfristplanung bis 2015 sieht sogar eine
Kürzung der finanziellen Mittel vor. Die Situation ist für alle
schlicht unzumutbar.
Wollen die Rektoren wirklich gehört werden, müssen sie angesichts der
politischen Ignoranz zu drastischeren Maßnahmen greifen. Im Vorjahr
bekamen sie trotz monatelangen Bemühens keinen Termin im Kanzleramt.
Die Studierenden haben zwei Monate das Audimax besetzt - die Politik
zeigte sich unbeeindruckt. 
Wut und Worten müssen Taten folgen: Wie der Salzburger Vizerektor
Rudolf Mosler sagte, "müsste man große oder mittlere
Studieneinrichtungen schließen, damit es finanziell etwas bringt".
Womit die Universitäten die Regierung auch treffen könnten, wäre die
Suspendierung der Bachelor-Studiengänge. Das würde die Universitäten
von Studierenden entlasten.
Die Zeit wird knapp, bis Jahresende muss die Regierung das
Gesamtbudget für die österreichischen Universitäten für 2013 bis 2015
bekanntgeben. Sie könnte sich in diesem Fall ein Beispiel an
Deutschland nehmen: Trotz eines Sparpakets im Ausmaß von 80
Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren gibt es zwölf Milliarden
Euro für Universitäten und Forschung - zusätzlich. Die
österreichische Regierung fährt dagegen einen Ignoranzkurs gegen die
Universitäten. 
Rückfragehinweis:
   Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
	
							
												
							
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
OTS0121    2011-08-12/17:43
121743 Aug 11
PST0001 0489