Bisher gilt die Flugverbotszone in einem Umkreis von 1,48 Kilometern bis zu einer Höhe von 670 Metern. Jetzt soll dieser Kreis rund um den Forschungsreaktor erweitert werden. So sieht es ein Antrag vor, der heute auf der Tagesordnung im Abgeordnetenhaus steht und in dem der Senat aufgefordert wird, sich für die Ausweitung der Zone einzusetzen. Auch soll die Überprüfung des Reaktors möglichst vor dessen Wiederinbetriebnahme abgeschlossen werden, Öffentlichkeit und Parlament seien zeitnah über die Ergebnisse zu informieren. Gefordert wird zudem die Verlegung der Wannseer Lagerstätte für leicht- und mittelradioaktive Abfälle.
Der Antrag war am Montag vom Umweltausschuss bei Enthaltung der CDU beschlossen worden.
Heute wird darüber abgestimmt, mittlerweile hat er aber Irritationen ausgelöst. SPD und Linkspartei hatten vergessen, bei der aktualisierten Fassung des gemeinsamen Antrags auch die Überschrift zu ändern: Sie fordert eine „vollständige Sicherheitsüberprüfung“ des Reaktors „vor Entscheidung über Weiterbetrieb“. Im Abgeordnetenhaus werde am Donnerstag über die aktuelle Fassung unter der Schlagzeile „Zeitnahe und vollständige Sonderüberprüfung des Berliner Forschungsreaktors vor der Wiederaufnahme des Betriebes“ entschieden, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz. Der Antrag selbst enthält die Einschränkung, dass einzelne technische Überprüfungen eventuell nur bei laufendem Betrieb möglich sind.
Die Grünen-Fraktion hatte zuvor unter Hinweis auf die alte Überschrift erklärt, die rot-rote Koalition habe ihre Forderung aufgegriffen, den Weiterbetrieb des Reaktors vom Ergebnis der Prüfung abhängig zu machen, an der auch atomkritische Wissenschaftler beteiligt werden sollten.
Der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, hatte bei der Veranstaltung einer Bürgerinitiative in Potsdam erklärt, er habe sich vergeblich um Daten über Krankheitshäufungen im Umfeld des Reaktors bemüht. Der gesundheits- und wissenschaftspolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Albers, warf den Grünen vor, Ängste zu schüren und „die Reputation einer der bedeutendsten Wissenschaftseinrichtungen der Stadt“ zu gefährden.
Bei einem entsprechenden Beschluss werde man als Aufsichtsbehörde an den Betreiber des Reaktors herantreten, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Marie-Luise Dittmar. Ihn zwingen, mit der Wiederinbetriebnahme zu warten, könne man allerdings nicht. Voraussichtlich bis Mitte August ist der Reaktor wegen Wartungsarbeiten ohnehin abgeschaltet.
Die Sicherheitsüberprüfung aller deutschen Reaktoren war von der Bundesregierung nach der Atomkatastrophe in Japan eingeleitet worden. Bis Monatsende muss man den Fragenkatalog der Reaktor-Sicherheitskommission beantworten und Unterlagen zur Verfügung stellen, sagte Ina Helms von der Helmholtz-Gesellschaft. Danach erfolge eine Beurteilung durch die Aufsichtsbehörde und den TÜV Rheinland. Sollte sie bis Mitte August nicht abgeschlossen sein, werde man zwischen den politischen Implikationen und den Bedürfnissen der Forscher abwägen.
Im Zuge der Wartung wird derzeit das konische Strahlrohr ausgewechselt, mit dem die Neutronen aus dem Reaktor zu den Forschungsplätzen geleitet werden. Dazu wurde der Kühlwasserpegel im Reaktorbecken von neun auf drei Meter gesenkt. Spezialisten auf einer Arbeitsplattform tauschen das Rohr unterhalb der Wasseroberfläche mittels Stangen aus, erklärte Ina Helms. Strahlenschutzkleidung müssen sie dabei nicht tragen.
Dass sowohl das alte wie auch das neue Rohr ein Sicherheitsrisiko darstelle, wie es ein gekündigter Mitarbeiter in einem TV-Magazin behauptete, wurde vom Helmholtz-Zentrum als „böswillige Behauptung“ zurückgewiesen. Bestätigt wurde dagegen, dass eine Manschette an einem Rohr undicht ist, mit dem Kühlwasser von einer Hälfte des Reaktorbeckens in die andere gepumpt werden kann. Dies führt dazu, dass bei einer Trennung der Becken der Pegel in der Hälfte mit dem niedrigeren Wasserstand pro Tag um einen Zentimeter steigt. Laut Betreiber hat dies nach einem Gutachten „keinerlei Sicherheitsrelevanz“. Auch dazu fordert der Antrag von SPD und Linken eine Stellungnahme des Senats.
Der Berliner Forschungsreaktor habe nur ein Vierhundertstel der Leistung des Kernkraftwerks in Fukushima und befinde sich auch hinsichtlich der Gefährdung in einer „anderen Dimension“, sagte Daniel Buchholz.
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16 Kommentare
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Ausweitung der Flugverbotszone?
Niemals, denn damit verbauen wir den Fluggesellschaften doch strahlend rösige Zeiten, weil sie dann Umwege fliegen müßten. Da verbauen wir doch lieber den Anwohnern und ihren Kindern und Kindeskindern ihre gesundheitliche Zukunft, wenn es mal zu einem Zwischenfall kommt. Menschen müssen im Zweifel leiden und sterben, damit das Geld wachsen und gedeihen kann.Realitätsinn?
Um im Thema zu bleiben: Auf welcher Wolke leben Sie denn?Mal eine gute Idee...
der rot-roten Regierung. Aber besser wäre es, den Reaktor abzuschalten. Nur dann gäbe es leider einen Grund weniger, die Flugrouten an Wannsee vorbeizuführen.nu lassen
wir doch mal die kirche im dorf.bis dato wußte der großteil der berliner nicht mal von der existenzWieso "Kirche im Dorf" lassen ?
Eher doch: "Reaktor in Millionen-Metropole".Immerhin gab es neun Störfälle in den letzten 13 Jahren.
Auch dies klingt nicht so toll:
Erinnert an russische Hi-Tec. Hat das Ding überhaupt eine ernstzunehmende Schutzhülle ?
Mal angenommen aus dem Reaktor träte was aus: Beim in Berlin häufigen Süd-Westwind, hätten wir alle was davon. Jedenfalls in der Art, dass die Mieten endlich wieder fallen würden.
Jau....
....die Flugverbotszone muss auf einen Radius von 50km ausgedehnt werden. Dann haben wir in Wilmersdorf auch noch was davon. Dass dann der BBI nicht mehr angeflogen kann, ist ein hinnehmbarer Kollateralschaden, oder?Oh, dann sind da noch die 747s aus Peking, Tokio und Seoul nach Frankfurt und die A380 von Hongkong und Singapur nach London, die auch alle über Berlin fliegen. Wenn so ein Teil mal ein Problem bekommt, würde es einfach zu uns herunterkommen. Das muss auch verboten werden. Also Flugverbotszone über Wannsee bis 41000 ft. und 100 km Radius.
Das sollte reichen.
Ob die Eiferer
dieser Seite die Ironie erkennen?Lassen wir das
diese unseligen Bi`s nicht hören.die greifen den vorschlag auf!Atomparanoia
Deutschland lebt und fällt mit seiner Hochtechnologie. Wenn man sich entscheidet, Atomkraftwerke abzuschalten, dann ist das eine Sache. Der Technologiestandort Deutschland leidet darunter nicht so sehr, weil man die Technik immer noch exportieren kann; außerdem wird der Abriß unserer Atomkraftwerke auch nochmal einiges an Know-How benötigen, welches ebenfalls im wesentlichen aus Deutschland kommt.Das Abschalten von Forschungsreaktoren ist jedoch ein Schnitt ins eigene Fleisch. Es besteht kaum Gefährdungspotential, aber die negativen Auswirkungen auf die Wissenschaft sind immens. Ich hoffe, das Mediengeplänkel um Sicherheitsprüfungen und Flugverbotszonen weitet sich nicht so weit aus, daß ein Abschalten ernsthaft in die Diskussion gerät.
@freibier
Im Zusammenhang mit Atomreaktoren immer eine strittige Behauptung.Im Reaktor befinden sich vielleicht nur 20 kg Uran. Er hat aber offenbar keinen Betonmantel. Es braucht keine "Atomparanoia" um sich vorzustellen, welche Folgen bspw. eine Wasserstoffexplosion für Berlin haben könnte.
Da gebe ich Ihnen völlig Recht.
Der Forschungsreaktor wird als Neutronen-Quelle genutzt. M.E. gibt es heute andere Möglichkeiten, Neutronen zu erzeugen, als in den 70ern.
Von den ca. 1,5 Milliarden Euro, welche die Errichtung des Berliner Stadtschlosses letztendlich kosten wird, ...
... verwenden wir 1 Milliarde zum Bau einer ungefährlichen Neutronenquelle mit angeschlossenem Forschungszentrum.
490 Millionen Euro stecken wir in die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Universitäten und Schulen.
Von den verbleibenden 10 Millionen werden die Schultoiletten renoviert. Unser künftiger Forschernachwuchs soll reinlich und nicht in Kloaken aufwachsen.
...
Ein Atomkraftwerk mitten in Berlin? Ich glaub' es hackt.Nur ein 400stel der Leistung von Fukushima? Und nur leicht- bis Mittel radioaktive Abfälle? Na dann ist ja alles gut. Gibt nichts zu sehen. Weitergehen.
Atomparanoia II
Wenn Sie derartige Angst vor radioaktiven Abfällen haben, dann empfehle ich Ihnen, keine Krankenhäuser mehr aufzusuchen. Solche Abfälle entstehen nämlich bei diversen Behandlungsmethoden.Außerdem sollten Sie um Gaslaternen einen weiten Bogen machen, manch ältere Glühstrümpfe sind nämlich auch radioaktiv.
Desweiteren handelt es sich hierbei schon per Definition um kein Atomkraftwerk, da es keinen nutzbaren Strom erzeugt.
....
Na dann ist ja alles gut, wenn da kein Strom erzeugt wird. Denn bekanntlich ist Radioaktivität ja nur dann gefährlich, wenn sie zur Stromerzeugung genutzt wird. Deshalb sind ja auch z.B Atombomben so ungefährlich.Informieren.
Ach wären Sie doch, z.B. am 28.Mai 2011, mal zur Langen Nacht der Wissenschaften gegangen. Da hätten Sie sich am Helmholtz-Zentrum informieren können. Ja, sie hätten sich die Anlage sogar mit eigenen Augen aus nächster Nähe anschauen und die Wissenschaftler befragen können.Aber Aufklärung und Information ist wohl nicht in Ihrem Sinne.
Panikmache um alles, wo Atom draufsteht, ist öffentlichkeitswirksamer.
Helmholtz-Zentrum?!
Sind das nicht die, die die Asse verbockt haben?Na dann ist ja Alles in besten Händen am Wannsee.
Und wenn die, die die Asse verbockt, vertuscht und verharmlost haben nun erklären, beim Reaktor in Berlin sei schon alles ok - ja, dann muss man das doch einfach unbesehen glauben.
...
Quelle
Ein Vorschlag
den ich schon im letzten Jahr machte. Es gibt bereits eine Flugverbotszone über Mitte (grob gesagt). Die könnte erweitert werden oder über dem ehemaligen HMI-Reaktor in Wannsee, bzw. beide Zonen vereinigen.Interessant, dass die Politik erst jetzt auf den Dreh kommt. Das nur zu dem Argument, dass die Politik ja der DFS nicht reinreden könne. Sie kann, Flugverbotszonen sind eine Möglichkeit und die DFS muss dies auch aufgreifen und drumherum planen.
Ich hoffe der BBI wird so Anwohnerverträglich wie möglich, das bedeutet An/Abflugrouten um die Stadt und den Speckgürtel herumzuführen. Davon hängt auch ab, ob es Flüge in den Randzeiten geben kann oder nicht. Die Kosten der Airlines sind nebensächlich. Sicher ist es allemal zu betreiben.