ICX

„Die modernsten Züge der Welt“

Licht und Schatten. Ihre Zugflotte hat der Bahn zuletzt viel Ärger bereitet. Pannen will sie sich nun nicht mehr bieten lassen. Foto: dapd - Foto: dapd

Die Bahn bestellt den ICX bei Siemens. Die Baureihe könnte statt sechs bis zu acht Milliarden Euro kosten.

Berlin - Die Deutsche Bahn gibt für die Erneuerung ihrer Schnellzugflotte erheblich mehr Geld aus als bislang bekannt. Die 300 neuen Fahrzeuge mit der Bezeichnung ICX werden insgesamt deutlich mehr als sechs Milliarden Euro kosten, hieß es am Freitag in Branchenkreisen. Womöglich werden es am Ende sogar sieben bis acht Milliarden Euro sein. Damit wäre das Projekt der größte Auftrag, den der Staatskonzern jemals vergeben hat. Auch für Siemens ist es die umfangreichste Einzelorder.

Am Donnerstag beschloss der Bahn-Aufsichtsrat das Geschäft in einer Sondersitzung. Demnach sind 130 Züge fest bestellt, für 90 weitere sind die Konditionen zwischen den beiden Unternehmen schon klar.

Die verbleibenden 80 Fahrzeuge könnten von der Bahn jederzeit abgerufen werden – Ausstattung und Einsatzgebiete sind aber noch nicht klar. Der Stückpreis der ersten 220 Züge liegt bei durchschnittlich gut 27 Millionen Euro. Selbst wenn die nachfolgenden 80 Exemplare etwas billiger sein sollten, summierte sich der Gesamtwert des Auftrags rasch auf acht Milliarden Euro. Bislang war der Preis von sechs Milliarden für die 300 Triebzüge genannt worden.

„Der neue ICX wird das Rückgrat unseres Fernverkehrs“, sagte Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube. Ihm sei aber am wichtigsten, dass zuallererst die Passagiere profitierten. „Die Bahn-Kunden werden zukünftig in den modernsten Zügen der Welt fahren“, fügte Siemens-Chef Peter Löscher hinzu. Der ICX werde Maßstäbe in Sachen Flexibilität und Energieverbrauch setzen.

Der ICX soll die betagte IC-Flotte ersetzen, die zum Teil seit Anfang der siebziger Jahre im Einsatz ist. Bis die Verbraucher die Annehmlichkeiten des Zuges begutachten können, wird es bis Ende 2016 dauern. Zuvor wird der ICX umfangreich getestet und im Alltagsbetrieb erprobt.

In den vergangenen Jahre hatte die Bahn große Probleme mit der Zuverlässigkeit ihres Materials. 2008 brach die Achse eines ICE 3 – seitdem müssen viele der Schnellzüge deutlich häufiger zur Kontrolle in die Werkstatt und fehlen im Fahrplanbetrieb. Hinzu kamen Probleme mit Eis und Schnee im Winter und mit der Hitze im Sommer – in einigen Zügen versagten die Klimaanlagen. Da der Staatskonzern über zu wenig Zugreserven verfügte, gab es zahllose Ausfälle und Verspätungen. Beim ICX hat sich die Bahn umfangreiche Garantien zur Zuverlässigkeit der Züge geben lassen, auch deshalb hatten sich die Detailverhandlungen mit Siemens über mehr als ein Jahr hingezogen.

Bis die Bahn zuverlässiger unterwegs ist, wird es aber noch dauern. Bis Ende 2012 sollen 16 neue ICE-3-Züge fertig produziert sein, die auch im Ausland fahren können. Hinzu kommen ein Jahr später die ersten neuen Doppelstockwagen für den Fernverkehr von Bombardier. Derzeit schon im Gang ist die Modernisierung der ICE-2-Flotte, die seit Mitte der neunziger Jahre verkehrt. Die 44 Züge sollen Ende 2013 wieder komplett im Einsatz sein. Außerdem plant die Bahn, viele der IC-Wagen noch einmal zu überarbeiten.

5 Kommentare

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    Woher kommt das Geld denn plötzlich?

    Die Bahn hat nicht das Geld um die Schienenwege in Ordnung zuhalten. Nun sind auf einmal 8 Milliarden Euro da? Der Bund solll wohl wiedermal ein Privatunternehmen finanzieren?

    DB von der Entwicklung offenbar abgehängt

    Die bestellten Siemens-Züge werden nach einem Bericht der "Rheinischen Post" mit Tempo 230 km/h deutlich langsamer als die alten ICE-Züge sein, dafür aber widerstandsfähiger gegen extreme Wettererscheinungen wie schwere Regenfälle, Eis und Hitze.

    Somit verabschiedet sich die Bahn offenbar von ihrer Highspeed-Philosophie und tritt mächtig auf die Bremse.

    Traurig: Tempo 350 längst Alltag (übrigens auch mit Siemenszügen). Es stellte sich für die Iberer offenbar als richtige Entscheidung heraus, sich die kompromisslosen Franzosen als Vorbild zu nehmen, statt das durch etliche Bürokratie- und Beamteninstanzen aufgeweichte untaugliche deutsche Bahn-Hochgeschwindigkeits-Konzept.

    Typisch für den deutschen Offenbarungseid: Hierzulande investiert die Bahn vorzugsweise in milliardenteure mamorierte Wartehallen - siehe Stuttgart-21.

    Übrigens ist man auch in der Türkei demnächst viel weiter:
    Fast 30 Mrd. Dollar finanzieren chinesische Investoren dort in ein 4000 Kilometer langes Hochgeschwindigkeitseisenbahnnetz. Mit Tempo 350 sollen künfitg Züge made in China durch Anatoliens Berge brettern und die Städte Edirne an der Westgrenze zu Griechenland und Kars an der Ostgrenze zu Armenien in zwölf statt 41 Stunden verbinden.

    Und was wurde hierzulande aus dem Transrapid? Fakt ist: Heute fahren die Leute noch in den selben alten S-Bahn-Bummelwagons Stop&Go-Verkehr von Düsseldorf bis Dortmund wie vor 40 Jahren - und sie werden es wohl auch die nächsten 40 Jahre noch tun.

    Weder in NRW noch in Bayern existiert eine groß angekündigte "Schnell-S-Bahn" als "Alternative". Das ganze hat sich in dem gleichen Murks aufgelöst wie Deutschlands "Hochgeschwindigkeits-Zukunft" auf Schienen.
      Antwort auf L.P. vom 22.04.2011 22:16 Uhr

      Geschwindigkeit

      Im Gegenteil, lieber L.P., nicht mehr zeitgemäß ist einzig und allein Ihre Geschwindigkeits-Ideologie, die in etwa auf dem Stand der frühen Mehdorn-Ära zurückgeblieben zu sein scheint.

      Im Gegensatz zu damals sollen die Züge heute nicht mehr "Flugzeuge auf Schienen" sein. Durch den Betrieb der ICEs hat die Bahn nämlich anhand zahlreicher Studien inzwischen herausgefunden, dass sich der Materialverschleiß bei Schienen, Rädern und Achsen ab Tempo 230 exponentiell sprunghaft erhöht. Tempo 350 für das gesamte ICE-Netz zu realisieren bedeutet demnach, durchschnittlich jährliche Folgekosten in Höhe von einer Milliarde Euro finanzieren zu müssen. Dadurch ist außerdem eine solche Fahrweise das Gegenteil von ökologisch sinnvoll.
      Dass dies in anderen Ländern wie ausgerechnet im überschuldeten Spanien auf kurzen Einzelstrecken gefahren wird, hat reine nationale Prestigegründe, wie übrigens auch in Frankreich. da wie dort hält man die Folgekosten niedrig durch strikte Limitierung der 300+ - Fahrstrecken und Einsparungen bei regionalen Verbindungen.

      Dass die neue ICE-Generation also auf Tempo 230 abgestimmt ist, darf man als einen seltenen Glücksfall von Einsicht bei den Bahnstrategen bewerten, ob es Ihnen persönlich nun passt oder nicht.
      Antwort auf georg585 vom 22.04.2011 23:10 Uhr

      @georg&L.P

      Der ICX sol ja zunächst mal alte ICs ersetezn, dann ICE 1 und dann ICE 2 , die nich tviel schneller sind und auf Strecken, in denen die Höchstgeschwindigkeit ohnehin kaum erreicht wird (zu kurz, zu viele Stopps). Ob der ICE 3 je durch den ICX ersetzt wird, steht in den Sternen. Möglicherweise wird bis dahin auch eine hochgeschwindigkeitesvariante entwickelt. Aber das wird erst in ca 15 Jahren akut, bis dahin kann noch viel passieren.
      Antwort auf L.P. vom 22.04.2011 22:16 Uhr

      @L.P.

      Georg585 sprach es schon in Teilen an - das deutsche Bahnnetz ist ein ganz Anderes als das in Frankreich oder Spanien. Es ist variabler, besteht kaum aus ausschließlichen Hochgeschwindigkeitsstrecken, sondern nur aus Passagen und wird auch von weiteren Verkehrsträgern genutzt, wie den Güterzügen - ein Mischnutzung. Das kommt daher, dass Deutschland wesentlich zersiedelter ist, als Frankreich oder Spanien. Nebenbei gibt es z.B. in Frankreich etliche Bahnhöfe des TGV, die weit ab vom eigentlichen Halt liegen.

      Alles hat halt seine Vor- und Nachteile, auch beim französischem Netz.

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