„Habt keine Angst!“ Dies rufen in der italienischen Hauptstadt das Römische Pilgerwerk und der Vizebürgermeister Mauro Cutrufo in diesen Tagen allen zu, die sich nach Rom aufmachen wollen, sich aber nicht trauen. Die Zögerlichkeit vieler Besucher rührt daher, dass Medien zur bevorstehenden Seligsprechung von Johannes Paul II. am 1. Mai vor einem heillosen Massenandrang gewarnt haben. Doch nun appellieren die Verantwortlichen in Rom: „Kommt nur! Wir nehmen alle auf. Rom hat Platz für jeden!“
Dies gilt aber nur für die hunderttausend Pilger, die Rom am kommenden Wochenende erwartet. Für die paar hundert tunesischen Flüchtlinge, die auf der Durchreise zwischen Lampedusa und Frankreich in Rom gestrandet sind, gilt das nicht.
Rechtzeitig zum Fest will Bürgermeister Gianni Alemanno sie alle weggeschafft haben. Sie könnten das Bild ja stören, wenn der Hauptbahnhof dem großen, dann seligen Papst geweiht wird. Auch bringen die Tunesier nichts – im Gegensatz zu ordentlichen Pilgern und Touristen, von denen jeder durchschnittlich 390 Euro in Rom lässt, für Kost, Logis und Souvenirs.
Papst Benedikt XVI. hat die Seligsprechung seines Vorgängers ans Ende der Osterferien gesetzt, die mit einer Hotelauslastung von 80 oder mehr Prozent auch so schon Roms touristische Höchstsaison darstellen. Und im Stadtzentrum ärgert sich ein Pensionsbetreiber, der sich aber nicht mit Namen zitieren lässt: „Der Papst hätte die Seligsprechung auch zu anderer Zeit vornehmen können, dann hätten wir unsere Häuser zweimal voll gehabt.“
„Noch gibt es Zimmer zu moralisch korrekten Preisen“, versichert Vizebürgermeister Cutrufo; „schon ab 20 Euro“ will er – nur er – solche gesehen haben. Gleichzeitig verlangt er eine gesetzliche Öffnung: Hotels sollen ihre zuvor offiziell angekündigten Höchstpreise im Spezialfall überschreiten dürfen: „Markt ist Markt“, sagt Cutrufo. Etwas unwirsch grummelt der Chef des kirchlichen Pilgerwerks, Pater Cesare Atuire, zurück: „Roms Tourismus hat fast drei Jahrzehnte sehr gut von Johannes Paul II. gelebt. Es ist eine Schande, wenn die Hotels jetzt auch noch mit seiner Seligsprechung spekulieren.“
Der Umgangston zwischen Stadtverwaltung und Kirche ist etwas gereizt in diesen Tagen. Die Stadt verkündet zwar stolz, wie gut sie die organisatorische Herausforderung gemeistert, welche Ausstellungen und Konzerte sie organisiert, wie viele Busparkplätze (5046) sie freigeräumt, wie viele ehrenamtliche Helfer (3470) sie gewonnen, wie viele Flaschen Mineralwasser (1,5 Millionen) sie eingekauft habe und wie viele mobile Klohäuschen (400) man aufstellen wolle, aber über all dem schwebt die wachsende Ungewissheit, wie viele Pilger wirklich kommen werden: jene „eins bis drei Millionen“, die man im Januar im ersten Überschwang erwartet hatte? Oder kommen tatsächlich nur die 300 000, die sich zuletzt beim kirchlichen Pilgerwerk angemeldet haben? Und lohnt sich für diese der gewaltige Aufwand?
Auch kirchlicherseits schaut man mit gewisser Nervosität auf die Zahlen. Denn am Tag der großen Seligsprechung findet in Rom auch noch der „Concertone“ statt: das gigantische Pop- und Rock-Konzert, das die Gewerkschaften zum 1. Mai seit eh und je der Arbeiterklasse spendieren. 500 000 Besucher werden dazu auf dem Platz vor der Lateranbasilika erwartet. Gewisse Rivalitäten sind im Vorfeld der beiden „Konkurrenzveranstaltungen“ mit Händen zu greifen. „Es kommt mir vor“, sagt ein Deutscher im Vatikan, „wie bei Don Camillo und Peppone: Wer wischt dem anderen eins aus?“
3,5 Millionen Euro, sagt Bürgermeister Alemanno, gebe die finanziell sehr klamme Stadt allein für die Seligsprechung aus, aber zum ersten Mal sei es gelungen, der Kirche einen „robusten Teilbetrag“ abzuringen. Eigens für das große Fest ist nun die „Via della Conciliazione“ frisch gepflastert worden – jene aus Milliarden von Rom-Fotografien bekannte Prachtstraße, die schnurgerade auf Petersplatz und Petersdom zuführt und die einst der „Duce“ Mussolini durch das alte Häusergewirr gebrochen hat, um „seinen“ großen Friedensschluss zwischen Staat und Kirche zu feiern.
Im Petersdom selbst laufen die Umbauarbeiten noch. Arbeiter bereiten die Altarnische des Seligen Papstes Innozenz XI. für den marmornen Sarkophag von Johannes Paul II. vor. Aus der Sebastianskapelle, gleich links neben Michelangelos weltberühmter Pietà, hat Innozenz ausziehen müssen, und das exakt zu seinem 400. Geburtstag – er kam am 16. Mai 1611 in Como zur Welt.
Die Souvenirhändler um den Petersplatz herum übrigens müssen ihr Sortiment für die anstehende Seligsprechung gar nicht groß umstellen: Andenken an Johannes Paul II. verkaufen sich auch sechs Jahre nach seinem Tod immer noch hervorragend.
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4 Kommentare
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Absolution
Shalom i Spiritui Sancto Vatikan,God Bless Johannes Paul II:Christus vergibt Euch durch seinen Tot und was ist mit der Mutter welche Ihn Geboren hat und was mit dem Vater der Ihn Gezeugt hat.Hat der Heilige Geist keinen Kontakt zum Irdischen Körper dann hätte Er wohl kaum auferstehen können,so hat Er also Kontakt,dann steht auch die erfahrene Pein und Schmerz als Energie im Raum da in diesem Universum nichts verloren geht.Wenn der Heilige Geist Gewaltig ist dann ist auch diese Energie Gewaltig und wird einen Weg zur Entladung finden .Ist es dann nicht eine Mahnende Vergebung welche darauf hinweist das bei leichtfertiger Handhabung die Kräfte welche Euch heimsuchen fürchterlich sein werden.Fazit:Die Trennung von Wissenschaft und Religion ist Volksverdummung.Heilige Schrift
Die Bibel schreibt in Prediger 9:5: " Die Lebenden wissenwenigstens, daß sie einmal sterben müssen. Die Toten wissen überhaupt nichts mehr. Ihre Verdienste werden nicht belohnt;
denn niemand denkt mehr an sie." (Die gute Nachricht)
Nachricht für alle
Im Zusammenhang mit dem Artikel gibt es eine schöne Beschreibung zum Dasein: Klaus HoffmannSchöne Restostern!
Der moderne Mensch
ist erfolgreich auf Werbehörigkeit hin domestiziert worden. Höchste Zeit, dass sich auch die Katholische Kirche verstärkt dieses Instrumentes bedient. Nur so hat sie eine Zukunft.