Migrationspolitik

Deutsche Stiftungen werben für Einwanderung

Experten schlagen Alarm: Deutschland braucht dringend Zuwanderer. - Foto: dpa

Ton, Steine, Sarrazin: Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration rät in seinem Bericht zu einer aktiven Einwanderungspolitik - und räumt mit bisher vorherrschenden Migrationsmythen auf.

Alle reden von Integration. Migration, Ein- und Auswanderung ist in der Regel ein Anhängsel der Debatte. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat sich seiner nun im Jahresgutachten für 2011 angenommen. Die Bestandsaufnahmen und Empfehlungen des 259 Seiten starken Berichts legen den Schluss nahe, dass Deutschland aktive Einwanderungs- noch nötiger haben könnte als schlagzeilensatte Integrationspolitik.

Die politischen Schwerpunkte sehen die acht Wissenschaftler im Rat derzeit falsch gesetzt: „Die Vorstellung, Deutschland müsse sich vor Zuwanderung in größerem Umfang schützen, ist nicht nur empirisch falsch, sondern geradezu kontraproduktiv“, heißt es im Gutachten.

Angebliche Flüchtlingswellen würden hoch-, der tatsächliche „Braindrain“, die Abwanderung Hochqualifizierter aus Deutschland, dagegen schöngeredet.

Anders als in anderen Hochlohnländern wie der Schweiz, Norwegen, Kanada und den USA entwickelt sich das Verhältnis von Zu- und Abwanderung in Deutschland nämlich seit einiger Zeit negativ: Zwischen 1994 und 2009 zogen mehr als eine halbe Million Deutsche mehr ins Ausland, als von dort zurückkamen. Und die Auswanderer sind zudem die, um die sich die Politik inzwischen im Ausland müht: Die Hälfte (49 Prozent) hat einen Hochschulabschluss – im Bevölkerungsschnitt haben den nur 29 Prozent – und arbeitet im Ausland in qualifizierten Jobs und Führungspositionen. Dass Deutschland attraktiver werden müsse, gelte nicht nur für ausländische Spitzenkräfte, sondern auch für die, die längst hier sind – und immer öfter abwandern.

Gegen die draußen schotte sich die „Festung Europa“ zudem durch eine rigide und oft inhumane EU-Grenzpolitik ab – der Bericht enthält deutliche Kritik am explodierenden Etat und der schwachen parlamentarischen Kontrolle der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Ihre Opfer würden auch Bootsflüchtlinge, deren Qualifikationen man sonst händeringend suche. Klaus J. Bade, Migrationshistoriker und Vorsitzender des Sachverständigenrats, kommentierte die „Abfangflotten“-Politik Europas sarkastisch: „Alle Mann in die Rettungsboote, Diplomingenieure und Ärzte zuerst.“

Aber auch Lob halten die Sachverständigen bereit: Die Bremer Bildungsforscherin Yasemin Karakasoglu nannte die Verlegung obligatorischer Deutschkurse in die Heimatländer – insgesamt ein Trend in EU-Europa, einen grundsätzlich „positiven Schritt“. Und auch insgesamt, so heißt es im Gutachten, bewege sich die deutsche Migrationspolitik inzwischen „in zentralen Bereichen auf einem soliden europäischen Mittelweg.“

Wobei das Zutrauen der Experten in klassische Gesetzgebung zu schwinden scheint: Ein Punktesystem zum Beispiel, heißt es im Bericht, sei zwar „ein tauglicher Baustein, aber kein konzeptionelles Allheilmittel der Migrationssteuerung“. „Deutschland müsse sich runderneuern“, sagte Bade bei Vorstellung des Gutachtens, und dabei gehe es „um mehr als Rechtsfragen“, nämlich um die richtigen Zeichen. „Wir müssen die politischen Sekundärtugenden stärken.“

Die Sarrazin-Debatte bietet aus Bades Sicht ein instruktives (Negativ-)Beispiel dafür. Der SVR habe vor Monaten die „Spuren gelesen, die der trompetende Elefant Sarrazin im Porzellanladen hinterlassen hat“. Ergebnis: Der Integrationsoptimismus bei Migranten in Deutschland war um die Hälfte geschrumpft. „Ein doppeltes Eigentor“, so Bade, für ein Land, das auf kulturelle Toleranz angewiesen sei, um Hochqualifizierte im Ausland anzuziehen – und die im Inland zu halten.

Das Volk, eine Überraschung des Gutachtens, scheint bereit dafür: Der SVR fand heraus, dass die meisten wissen, dass Deutschland Einwanderung braucht. Und sie sind für eine eher großzügigere Aufnahme von Flüchtlingen. Es wäre also an der Zeit, so heißt es im Gutachten, dass Politik und Behörden nicht länger Verstecken spielen „hinter angeblichen Sorgen der Bürger“. Die sind, so scheint es, längst weiter als ihre Repräsentanten.

63 Kommentare

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    Der SVR

    ist genauso ein Teil der überfinanzierten und unterproduktiven Integrationsindustrie wie die notorischen Beiräte, Beauftragten und Forscher. In den Ländern, die hier als Positivbeispiele genannt werden, gibt es aus gutem Grund keine staatliche Integrationsindustrie, dort geschieht der Prozess über die Integration in den Arbeitsmarkt. Insofern stellt der SVR natürlich die falschen Fragen, denn die Auswanderer der letzten Dekade gingen ja nicht wegen mangelnder "kultureller Toleranz" sondern wegen mangelnder Berufsperspektive. Also genau das, was Sarrazin ändern will.

    Dieser hat zudem bereits dargestellt, dass ökonomische Vorteile durch kulturelle Anpassungsschwierigkeiten überkompensiert werden können. Man fragt sich langsam, wen der SVR eigentlich für dumm verkaufen will. Befinden sich diese Leute seit 30 Jahren im Tiefschlaf? Einwanderung, vor allem nicht solche, wie sie den Leuten vom SVR vorschwebt, löst unsere demografischen Probleme nicht. Leichtere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen ist zwar gut, aber nur eine aktive Bevölkerungspolitik wie etwa in Frankreich verbunden mit einer Marginalisierung des Zugangs zum Sozialstaat wie in den USA wird wirklich helfen.

    Deshalb ist dieses anreden von Leuten wie Herrn Bade gegen Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie sinnlos. Vielleicht sollte er an seiner Uni noch mal einen Kurs über Stochastik belegen anstatt über "Integrationsoptimismus" zu fabulieren, den er gemessen haben will.

    Selbst wenn Deutschland 1 Mio. Flüchtlinge aufnähme, würde das keine Probleme in deren Heimatländern lösen, uns aber massive bescheren. Zudem wäre es doch so: je qualifizierter diese wären, desto größer wäre der Verlust für die Heimat.

    Die Deutschen waren und sind tolerant, bzgl. Ihrer "überraschenden" Feststellung. Und Sie sind nicht nur weiter als ihre Politiker, sondern auch weiter als professionelle Märchenerzähler wie Bade und sein SVR, die ignorant im Nebel stochern und Ratschläge erteilen, die uns die ganze Misere erst bereitet haben
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      onkel Baders Maerchenstunde

      Vielen Dank @S.N.S. Fuer Ihren Beitrag. Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.

      kg
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      Intoleranz ist ein Hemmnis

      ... denn die Auswanderer der letzten Dekade gingen ja nicht wegen mangelnder "kultureller Toleranz" sondern wegen mangelnder Berufsperspektive.

      Mangelnde Berufsperspektive, wegen mangelnder kultureller Toleranz, müßte es heißen. Darauf deuten doch auch hier die Kommentarspalten.

      Die Deutschen waren und sind tolerant, ...

      In den Beiträgen der Leser des Tagesspiegels offenbart sich zu bestimmten Themen eine ziemlich intolerante Haltung, das können Sie doch nicht leugnen, jeder kann es sehen.

      Das Problem ist, dass sich die sogenannten Volksvertreter nicht eindeutig zu der Offenheit bekennen, die gegenüber den Migranten in unserem Land angebracht wäre. Bemerken Sie nicht, dass aus jedem "Hype" der durch die Gazetten tobt, verantwortungslose Politiker Kapital schlagen möchten? Wenn eine CSU mit dem Rücken zur Wand steht, mobilisiert sie mit Rechtspopulismus.

      Sarrazin wird nichts ändern. Insgeheim glaube ich auch, dass das medial wahrnehmbare Meinungsbild nicht die Realität widergibt. Denn im eigenen Umfeld, oder außerhalb bestimmter virtueller Plattformen wird das Thema weitaus nüchterner diskutiert, auch abseits der Spalten hier, wo meiner Ansicht nach ein mehrheitlich speziell zu nennendes Publikum agiert.

      Der Leser wird für dumm verkauft, wenn man ihm glauben machen möchte, wir könnten uns isolieren, oder würden gar ökonomisch erstarken, wenn wir Zuwanderung unterbänden. Das sind zurechtgelegte Wunschvorstellungen, fern von jeder Realität.

      Entwicklungen werden sogar beeinträchtigt, durch solche Haltungen, wie Sie sie hier zeigen. Es ist ein ideologisches Korsett, welches Inovationen verhindert und Akademiker abwandern läßt, - eine konservierende Gesellschaftshaltung, die aus Zukunftsängsten resultiert, für die sie aber selbst verantwortlich zeichnet.

      Denken Sie einmal an die jungen Menschen, denen durch machtpoltisch motivierte Entscheidungen, mit denen man obendrein Ängste pflegt, Reformen vorenthalten werden
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      Chapeau

      .
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      Antwort auf S.N.S.1983

      Danke für den qualifizierten Kommentar. Dem ist nichts hinzuzufügen
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      Großes Lob für S.N.S. 1983

      Bravo - ich habe selten so einen guten Kommentar gelesen. Hier wird das Thema Einwanderung differenziert und ohne Vorbehalte auf den Punkt gebracht.
      Vielen Politikern und Multi-Kulti-Träumern täte diese Art von Pragmatismus gut.
      Einwanderung muss über den Arbeitsmarkt geregelt werden, dann lösen sich die meisten Probleme von selbst.
      Antwort auf S.N.S.1983 vom 13.04.2011 22:34 Uhr

      Sehr richtig

      aber in einem haben die Jungs recht: Dass Deutschland attraktiver werden müsse, gelte nicht nur für ausländische Spitzenkräfte, sondern auch für die, die längst hier sind – und immer öfter abwandern.
      Ein Nachbar aus dem Hause hat sich gerade diese Woche in die Schweiz verabschiedet, Verfahrenstechniker. Den ersetzen wir locker oder eben nicht.
      Und das Schlimme, die gut Ausgebildeten werden geradezu aus dem Lande getrieben, man vergleiche nur die Steuer in der SChweiz und in Deutschland. Aber Rettung ist nicht in Sicht! Wer in Deutschland Steuersenkungen fordert, wird ja fast schlimmer als ein Nazi behandelt.

      Wer sich ein bisschen umhoert, hoert viel Verbitterung bei der arbeitenden Klasse. Das kann nicht gut gehen.

    Dieser Satz sagt...

    doch schon alles:
    .. so Bade, für ein Land, das auf kulturelle Toleranz angewiesen sei, um Hochqualifizierte im Ausland anzuziehen – und die im Inland zu halten.

    Also Toleranz nur geheuchelt, wegen materiellen Vorteilen?
    Hochqualifizierte anziehen? Warum nicht erst mal die Migranten hier im Land ausbilden? Macht wohl zu viel Mühe, lieber einkaufen gehen. Der Bade soll mal lieber selber ausbilden oder arbeiten gehen ...
      Antwort auf B0D0 vom 14.04.2011 09:51 Uhr

      Kulturelle Tolleranz.

      Wie sieht denn diese kulturelle Tolleranz zur Zeit in Deutschland aus ?

      Richtig, es werden Forderungen gestellt und erfüllt die die einheimische Kultur immer weiter zurück drängt und durch die Kultur der Fordernden ersetzt.

      Also ich für meinen Teil stelle mir Tolleranz jedenfalls anders vor als wie das zur Zeit in Deutschland abläuft.

      Dem einzigen dem ich in diesem Gutachten voll und ganz zustimme ist die Sache mit der Ein- bzw. Auswanderung. Nur wer daran etwas ändern will, der muss das bestehende Sozialsystem radikal umkrempeln, um es billiger und zukunftsfähig zu machen. Denn das jetzige Sozialsystem ist, durch die zu entrichtenden horrenden sozialen Abgaben auf Lohn und Gehalt, die Hauptursache dafür das überhaupt ausgewandert wird und das Deutschland unattracktiv für qualifizierte Einwanderer ist.

    Sarkasmus reicht nicht !

    Klaus J. Bade, Migrationshistoriker und Vorsitzender des Sachverständigenrats, kommentierte die „Abfangflotten“-Politik Europas sarkastisch: „Alle Mann in die Rettungsboote, Diplomingenieure und Ärzte zuerst.“


    Eine naive Illusion von dem Herrn Sachverständigen Bade- dass diese darauf warten, zuerst in die Rettungsboote zu springen, um unbedingt die EU zu erreichen. Das Wirtschafts-Flüchtlingsproblem hat wohl ganz andere Ursachen - und würde in erster Linie das Heer der H4- Armee erst einmal verstärken. Für H4 sollte man sich aber erst einmal Gedanken machen- womit löst man dieses Problem im eigenen Land ohne Rettungsboote?

    Man

    kriegt die Probleme in Deutschland nicht in den Griff und holt sich aus dem Ausland neue hinzu.
    Unsere Politiker scheinen alle an Blindheit zu leiden. Die merken nicht daß der Kessel längst am kochen ist....

    falsch!

    Menschen ohne Bildung haben wir in Deutschland genug! Die Schulstudien beweisen es. Gut ausgebildete Fachkräfte wären durchaus willkommen. Kein Mensch, auch nicht Herr Sarrazin, hat etwas dagegen. Die Mehrheit der Deutschen ist nicht ausländerfeindlich, sondern hat einfach nur genug davon, dass zuviele Menschen herkommen, die die Sozialkassen belasten oder ihr Geld -nachhause- schicken, statt unsere Staatsk und Unternehmenerkassen zu füllen. Deshalb kommen die Fachkräfte nicht, weil sie sich vor deutscher Ausländerfeindlichkeit fürchten. Man sieht in Deutschland klar eine total verfehlte Schulpolitik, Einwanderungspolitik und Familienpolitik.
    Die eigenen Kinder überlässt man mehr und mehr den stetig absteigenden Familien und sich selbst, mit den bildungsfernen Wirtschaftsflüchtlingen hat man es genauso gemacht. Nun gehen uns die Fachkräfte aus und man schreit nach gut ausgebildeten Fachkräften die angeblich in tunesischen Flüchtlingsbooten sitzen sollen? Die Stiftung kann raten was sie will, gegen den gesunden Menschenverstand kommt sie nicht an.

    "Experten"

    Nach dem Lesen dieses Artikels stellt sich die Frage, wessen Experte Herr Bade ist. Vermutlich der "Experte" der Integrationsbauftragten - ergo, er hat zu beweisen, was zu beweisen ist.
    Dass er das Buch von Sarrzin nicht gelesen hat scheint offensichtlich. Für wissenschaftliche Qualität spricht sein "In einen Topf werfen" von unqualifizierten Migranten, die gewiss nicht Deutschland verlassen wollen, und hochqualifizierten Einwanderern mit Sicherheit auch nicht.
      Antwort auf Sokrates55 vom 14.04.2011 10:40 Uhr

      Ihre Meinung zu Sarrazin in Ehren:

      Aber eines habe ich echt satt: Kritisiert man das Buch, heißt es, man habe es gar nicht gelesen. Fragt man bei Sarrazin kritisch nach, antwortet er, man habe es nicht verstanden. Liegt das nun an der mangelnden Intelligenz des Lesers, oder an der mangelnden Darstellungsgabe des Schreibers, oder ist das nur ein Totschlag-Argument gegen jegliche Form von Kritik?

      Abgesehen davon: Ganz ohne die Lektüre des Buches dürfte den meisten im Land offenkundig geworden sein, dass es einen Beitrag zur Integrationsdebatte leisten wollte. Auch der Tenor des Buches ließ sich im Lauf der Debatte in vielerlei Medien eruieren. Die Aussage im Text bezieht keine Stellung gegen die Inhalte des Buches, sondern lotet deren Wirkung auf die Migranten aus (was auch immer sich hinter dem Begriff "Integrationsoptimismus" verbergen mag).
      Antwort auf klammer vom 14.04.2011 10:56 Uhr

      Kritik.

      Gegen Kritik ist nichts einzuwenden, wenn man das Buch gelesen hat, was aber hier bei diesen Aussagen offensichtlich nicht der Fall zu sein scheint.

      Fakt ist und bleibt auch das man sich über Teile der gewählten Formulierungen echauffiert, aber dem eigentlichen Kern der Aussage nichts entgegen zu setzen hat, geschweige denn sich kritisch damit auseinander setzt.

      Geht ja auch verdammt schlecht, da ja die benutzen Quellen genannt sind und sich jeder somit selbst ein Bild über das machen kann was der Autor einem vorzeichnet.

      Auch ist es immer mehr als nur verdächtigt wenn sich ständig die selben Leute zu Wort melden und außer maßloser Kritik an den gewählten Worten und der Person keinerlei Versuche unternehmen das gesagte oder geschriebene sachlich zu wiederlegen. Denn dann hat in 99,9% der Fälle die Person die gerade persönlich angegriffen wird voll ins Schwarze getroffen und etwas veröffendlicht was die Politik und diese Leute besser vertuscht und verschwiegen gesehen hätten.
      Antwort auf Ausgewanderter vom 14.04.2011 22:25 Uhr

      ausgewanderter

      Gegen Kritik ist nichts einzuwenden, wenn man das Buch gelesen hat, was aber hier bei diesen Aussagen offensichtlich nicht der Fall zu sein scheint.



      Keine einzige Aussage aus dem Buch wird direkt angegriffen, zumindest so weit ich das diesem Artikel entnehmen kann. Die Forscher mögen entgegen gesetzt Stellung beziehen. Doch hat S. keine Bibel geschrieben, das ist also legitim. Aufgegriffen wird die S-Debatte, die ja nun auch nicht mit dem Buch gleichzusetzen ist, sondern - von S selbst konstatiert - sich durchaus von den Inhalten weg entfernt hat. Sie werden bemerkt haben, dass das Klima in der Diskussion um die Integration durchaus rauer geworden ist.

      Fakt ist und bleibt auch das man sich über Teile der gewählten Formulierungen echauffiert,



      "Man" ist eine sehr vage Formulierung. Die Autoren der Studie (?) üben nicht Kritik, sondern stellen einen Rückgang des Integrationsoptimismus fest (freilich können sie nicht auf Sarrazins Statistiken zurückgreifen, wenn sie sich auf die Zeit nach der Debatte beziehen). Für mich (?) habe ich nur mehrfach festgestellt, dass Kritik am Buch (insbesondere an der Rubrik "Lösungsvorschläge") ins Leere gefallen ist.

      Kritik an der Person S. habe ich nur in so weit vorgebracht, als er als Finanzsenator Berlins die später vorgebrachten (und insofern: wohlfeilen) Forderungen an die Politik konterkariert hatte. Was "die ständig selben Leute" (wieder etwas schwammig) betrifft, so ist ihre Kritik nicht immer maßlos, sondern macht sich sogar die Mühe, das Zahlenwerk zu widerlegen. In meinen Augen ein müßiges Unterfangen, denn in Wirklichkeit dreht sich die Debatte mittlerweile nicht um Zahlen, die richtig oder falsch sein mögen, und auch nicht um einen Forderungskatalog, sondern sie bedient diffuse Ressentiments sowohl bei Gegnern wie Unterstützern Sarrazins (deswegen schreien beide Seiten auch regelmäßig auf). Das Buch hat eine Debatte hervorgebracht, die sich selbst erwürgt.

    SVR - der Name ist Programm

    Europa steht wegen Sozialausgaben vor dem Zusammenbruch. Die Bildungssysteme brechen unter der Last von 40 Jahren ungesteuerter Zuwanderung zusammen. Teilweise gibt es 40% Jugendarbeitslosigkeit. In einigen Großstädten bahnen sich ernsthafte ethnische Konflikte an.

    Die Ideen vom SVR sind dumm - in Anbetracht der Realität fast zynisch. Gegen eine Zuwanderung von Fachkräften spricht bestimmt nichts. Allerdings fehlen die dann woanders. Die Politik sollte lieber in die Bildung und Kinderbetreuung investieren sowie Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass weniger Fachkräfte abwandern und die arbeitende Bevölkerung nicht benachteiligt wird.

    Gutachten

    Hallo,

    "mein" Gutachter hat mir auch ein super Gutachten erstellt, zwar gings um einen Blechschaden, aber er hat wenigstens nicht so widersprüchliche Sachen geschrieben.

    Zitat:

    Angebliche Flüchtlingswellen würden hoch-, der tatsächliche „Braindrain“, die Abwanderung Hochqualifizierter aus Deutschland, dagegen schöngeredet.
    ...
    Zwischen 1994 und 2009 zogen mehr als eine halbe Million Deutsche mehr ins Ausland, als von dort zurückkamen. Und die Auswanderer sind zudem die, um die sich die Politik inzwischen im Ausland müht: Die Hälfte (49 Prozent) hat einen Hochschulabschluss

    eine halbe Million sind locker mal 1% der jüngeren,arbeitenden Bevölkerung, deren viertel Million Akademiker sind sogar knapp 2% der Akademiker....pro Jahr!

    Zitat:
    Ihre Opfer würden auch Bootsflüchtlinge, deren Qualifikationen man sonst händeringend suche.

    Leider wird hier auf die Qualifikation nicht näher eingegangen, ich wäre allerdings höchst neugierig auf Details.

    mfg

    Pure Ideologie

    Bei Frau Dernbach habe ich immer den Eindruck, sie hat einen Tunnelblick.

    Herr Sarrazin hat ausdrücklich die asiatischen usw. Zuwanderer hervorgehoben, die excellente Abschlüsse hinlegen und die für ihn ein Beispiel für gelungene Integration sind, ohne ihre Kultur aufzugeben.

    Wir brauchen Zuwanderung, aber nicht in die Sozialsysteme. Davon steht in dem Beitrag von Frau Dernbach kein Wort.

    Mit ein Grund für die Abwanderung aus Deutschland sind die viel zu hohen Sozialbgaben, welche bei einer rot-grünen (oder soll ich sagen grün-roten) Regierung weiter ansteigen werden, und damit die Abwanderung weiter befördern. Wohin bitte sehr soll das führen?
    Warum sollten gut ausgebildete Ausländer zu uns kommen, um hier die Sozialsysteme zu finanzieren? Die gehen auch dorthin, wo sie weniger zahlen müssen, damit sie eine Familie gründen können. Das ist in Deutschland ja kaum noch mehr möglich, es sei denn, man will in Armut leben.
    Die deutsche Sozialpolitik setzt die falschen Signale.

    wenn man alle

    Einwanderer zusammennimmt und die fuer sie getaetigten Ausgaben (soziales) und deren Beitrag in die Kassen bzw. zum Bruttoinlandsprodukt gegenrechnet, was kommt da heraus?

    Wir sollten rechnen, vorm schimpfen, wenn man schon immer die Wirtschaftlichkeitskeule auspackt.

    Mir persoenlich ist es relativ egal wieviel Einwanderung stattfindet, ich habe keine Angst, weder um meinen Job noch um Deutschlands Kultur.

    Man muss sich nur mal die Tuerken anschauen, die anfangs ultrakonservativ und religioes waren, deren Nachkommen aber schon mehr Deutsche als Tuerken und mehr saekular als religioes sind. Sie sind in Deutschland aufgewachsen und wollen ebenfalls die Freiheit geniessen, die es noch gibt.

    Wovor ich mich fuerchte ist die Allmacht der Wirtschaft und die Ohnmacht der Demokratie...
      Antwort auf metua vom 14.04.2011 11:09 Uhr

      gebe Ihnen Recht!

      verstehe allerdings nicht, wie man von der Allmacht der Wirtschaft Angst haben kann.
      Ich habe mehr Angst vor der Allmacht des Staates!

      Denn der Staat, das sind die Politiker und Beamten, die uns Bürger ausquetschen wie Zitronen.
      Die Wirtschaft hingegen, das sind wir!!
      Antwort auf Auslaender vom 14.04.2011 11:52 Uhr

      @auslaender

      Angst vor der Allmacht der Wirtschaft, weil diese Staates Handeln maßgeblich bestimmt. Angst vor der Allmacht der Wirtschaft, weil das gesamte politische Handeln vor dem Damoklesschwert der Weltwirtschaft hergetrieben wird und Handlungen nicht mehr durch den politischen Willen sondern sogenannte wirtschaftliche Sachzwaenge bestimmt wird. Angst, deshalb, weil chinesische Verhaeltnisse die guenstigsten fuer Kapitalisten sind, weil der Mensch zu schweigen und zu Arbeiten hat, zu den Bedingungen, die ihm diktiert werden.

      Die deutsche parlamentarische Demokratie ist meiner Ansicht nach zu einer Versammlung von vielen Wirtschaftslobbyisten und wenigen Soziallobbyisten...das bedeutet in unserer Interessenausgleichsgesellschaft werden oekonomische Interessen ausgeglichen.

      Angst deshalb, weil jedes Handeln/Denken immer mehr nach monitaerer Verwertbarkeit beurteilt wird, Geisteswissenschaften z.B. weggekuerzt und Naturwissenschaften Drittmittelfinanziert werden, womit sie die Unabhaengigkeit, die in der Forschung schon lange verloren ist, nun schon in der Ausbildung verlieren.

      Antwort auf metua vom 14.04.2011 13:06 Uhr

      wirtschaftslobbyiste?

      also ich sehe nur soziallobbisten- sonst würden wir diesen Sozialstaat längst los sein und wieder frei leben können.
      Antwort auf metua vom 14.04.2011 11:09 Uhr

      Sie haben völlig recht!!!

      Vorgestern waren es die Flüchtlige aus dem Osten, gestern die Ossis und heute die Muslime. Meine Großeltern und Eltern kommen aus Breslau. Meine Oma hat mir oft genug von den Reaktionen Ihrer westdeutschen Landsleute erzählt, wie sie anfangs abgelehnt und ausgebeutet wurden.

      Wer erinnert sich eigentlich noch, was anfangs über die Italiener gesagt wurde? Italiener klauen alles, Autos, Kameras, Brieftaschen und Sie nehmen den Deutschen die Frauen weg. Heute sind die Italiener des Deutschen liebste Europäer. Jetzt sind die Polen die Autodiebe und die Muslime werden für die anderen Sachverhalte verantwortlich gemacht.

      Eigentlich geht es immer nur um eines: Mein Arbeitsplatz, mein Einkommen und meine Sozialsysteme.

      Es geht nicht darum, dass die Regierungen seit 20 Jahre keine ausreichenden Maßnahmen getroffen haben, um Deutschland zukunftsfähig zu machen und das Deutschlands Arbeitnehmer nur noch als Ware gehandelt werden, die man hin- und herschieben kann, wie es gerade passt.
      Antwort auf metua vom 14.04.2011 11:09 Uhr

      Aha !

      Man muss sich nur mal die Tuerken anschauen, die anfangs ultrakonservativ und religioes waren, deren Nachkommen aber schon mehr Deutsche als Tuerken und mehr saekular als religioes sind. Sie sind in Deutschland aufgewachsen und wollen ebenfalls die Freiheit geniessen, die es noch gibt.


      Leben Sie in einem anderem Deutschland als der Rest ? Sicher es gibt diese Türken aber auf 99% trifft Ihre Aussage nun mal nicht zu.

      Mir persoenlich ist es relativ egal wieviel Einwanderung stattfindet, ich habe keine Angst, weder um meinen Job noch um Deutschlands Kultur.


      Um seinen Job, zumindest wenn dieser ein gewisses Maß an Schulbildung oder einer entsprechenden Ausbildung bedarf, muss man sich auch keine Sorgen machen. Denn Konkurenz entsteht dabei nur sehr wenig.

      Was allerdings die Kultur angeht, würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen. Kein Schweinefleisch mehr in Kita und Schulkantinen, Zulassung von Abschottung beim Sexualkundeunterricht, bei Klassenfahrten, beim Sportunterricht, reine Frauenbadetage, usw., sind alles Belege dafür wie sehr man seine eigene Kultur bereits aufgegeben hat oder am Aufgeben ist.

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