Kritische Fragen erwünscht

Berliner Uni lässt Berlusconis Minister über Mafia sprechen

Wollte Ministerpräsident Berlusconi (r.) per Gesetz von der Strafverfolgung ausnehmen: Italiens Justizminister Alfano. - Foto: dpa

Angelino Alfano ist italienischer Justizminister. Den Studenten an der Humboldt-Uni soll er erklären, wie das Land mit organisierter Kriminalität umgeht. Damit kennt er sich aus - nicht nur theoretisch.

Der italienische Justizminister Angelino Alfano wird am morgigen Donnerstag in Berlin über den „Kampf gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und Terrorismus aus italienischer Perspektive“ sprechen. Gastgeberin des Vortrags im Senatssaal der Humboldt-Universität ist die Juristische Fakultät, HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz wird ein Grußwort sprechen.

Alfano ist mit dem Thema organisierte Kriminalität nicht erst aus seinem jetzigen Amt vertraut. Als Koordinator für Sizilien von Präsident Silvio Berlusconis Partei Forza Italia (FI) sicherte er die Mehrheit von Totò Cuffaro, dem christdemokratischen früheren Regionalpräsidenten von Sizilien, der seit Anfang des Jahres eine siebenjährige Haftstrafe wegen Begünstigung der Mafia verbüßt.

Noch nach seiner ersten Verurteilung zu fünf Jahren Haft 2008 hatte ihn die von Alfano geführte sizilianische FI im Regionalparlament unterstützt.

Alfanos Namen trägt auch der Gesetzesentwurf („Lodo Alfano“), den die Regierung im Sommer 2008 beschloss, knapp drei Monate nach Alfanos Ernennung zum Justizminister in Rom. Er sollte den Premier, die Parlamentspräsidenten und den Staatspräsidenten von Strafverfolgung ausnehmen, scheiterte aber 2009 vor dem Verfassungsgericht. Den jüngsten Versuch des Justizministers, die Verjährungsfristen für bisher unbestrafte Täter zu verkürzen – dazu würde auch Berlusconi gehören, gegen den in Mailand gerade vier Prozesse laufen – wertete das oberste Selbstverwaltungsorgan der Justiz in der letzten Woche als faktische Amnestie.

Die Juristische Fakultät der HU sieht im Auftritt des Ministers – das Thema hatte die italienische Seite vorgeschlagen – kein Problem. Es gehe nicht um die Person von Alfano, sondern um das Thema organisierte Kriminalität, sagt Martin Heger, Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte, dem Tagesspiegel. Da habe Italien mit seiner Mafia-Erfahrung einen großen Vorsprung. Rechts- und Linksterrorismus hätten sich zudem in beiden Ländern fast parallel entwickelt. Eine Diskussion im Anschluss an Alfanos Vortrag und kritische Fragen, sagte Heger, seien ausdrücklich erwünscht.

4 Kommentare

Kommentar hinzufügen
  • Kommentare anzeigen nach:
  • (?)

    Debatten
    Ansicht der Kommentare und Antworten in ihren Zusammenhängen.

    Chronologisch
    Ansicht aller Kommentare in zeitlicher Reihenfolge.

    ... wir werden sehen ...

    Ist der Prof. Heger nun besonders trickreich?
    ...oder nur naiv & ahnungslos?

    schallend lach,

    peinlicher gehts wohl nimmer, aus dieser Regierung nen Minister?? Was soll der denn den Studenten beibringen, und wer bezahlt das?

    Wohl eher eine geistig-moralische Vertrautheit,

    die da zur Realisation dieser Einladung beigetragen hat.

    Das wir in Deutschland schon längst ein Justizsystem haben, auf welches nur noch die Beschreibung eines Sondergruppenjustizsystems zutrifft, hat uns wohl nicht nur die Problematik der Copyrightverletzung durch einen der systemischen Privilegierten und dessen Transfer in den Kreis der durch aussergesetzliche Behandlungsrituale begünstigten durch den Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert gelehrt.

    Wer sich dann auch noch die Mühe macht, um sich in der Vielzahl der höchstrichterlichen Nachsichtigkeitsurteile einzulesen, mit denen eine immer größere Zahl von steuerhinterziehenden, abgabenverkürzenden und sonstigen rechtsnormenbrechenden Rechtsverletzern in Deutschland quasi mittels einer juristischen Milde und Nachsicht abgeurteilt wird, die in einem so extremistischen und fast schon rechtsterroristischen Kontrast zur Verurteilung von Pfandbondieben und sonstigen Kleinkriminellen steht, lässt die Hoffnung sterben, dass aus dieser Republik nocheinmal ein wirklich funktionierender Rechtsstaat werden kann.

    So gesehen dokumentiert "diese Einladung an diesen Experten in Fragen organisierter Kriminalität" wohl die Bindsenweisheit, dass auch der Fisch immer zuerst am Kopf zu stinken beginnt.

    @ Andrea Dernbach

    "Kritische Fragen erwünscht
    Berliner Uni lässt Berlusconis Minister über Mafia sprechen"

    Jedoch der Minister ist nicht erschienen, er wollte nicht mehr sprechen, sondern er ist gleich abgehauen...
    Es gab's zu viele Italiener im Saal, die etwas über die Mafia und wer an der Regierung ist, auch ganz bescheidt wussten...

    Herzliche Grüße
    Augh
    Geronimo

Kommentar schreiben

Service

Umfrage

Nato-Generalsekretär Rasmussen will im Libyen-Konflikt mehr Diplomatie statt Militär. Finden Sie das richtig?

Todesopfer rechter Gewalt

Weitere Themen

Umfrage

Innenminister Friedrich lehnt eine europäische Lösung für Italiens Flüchtlingsproblem ab. Wie stehen Sie dazu?

Biowetter, Deutschlandwetter und internationales Wetter, Niederschlagsmengen, Reisewetter und aktuelle Satellitenbilder. Behalten Sie das Wetter im Griff!

Tagesspiegel Wetterseite

Krankenkassen-Vergleich

• Beitragsrechner
• Versicherungsvergleich
• Tipps zum Wechsel

Der schnelle Weg zur günstigen Krankenkasse.

Hier vergleichen

Tagesspiegel-Abo

Jetzt ein Tagesspiegel-Abo abschließen und tolle Prämien sichern! Spezielle Angebote für Studenten sowie Probeabos finden Sie ebenfalls hier.

Abonnement-Service