Ausstellung

Heiterkeit mit Hetze

Triumph. Hans Rosenthal 1978 in der ZDF-Quizshow „Dalli, Dalli“. Foto: dpa - Foto: dpa

Hans Rosenthal hat den Holocaust überlebt und danach die Deutschen amüsiert. "Das war spitze! Jüdisches in der deutschen Fernsehunterhaltung" heißt eine Ausstellung im Jüdischen Museum in München.

Hans Rosenthal hat die Deutschen zum Lachen gebracht, beim Rias, beim ZDF. Das wirkte und wirkt unheimlich, weil der Jude Rosenthal, versteckt im Untergrund, die Judenverfolgung der Deutschen nur knapp überlebt hatte. Rosenthal aber dachte anders. „Ich trage dazu bei, den Antisemitismus abzubauen; die Leute wissen, dass ich jüdisch bin, und sie sehen, dass ich gar nicht anders bin.“ Die Mehrzahl seiner Zuhörer und Zuschauer fühlte sich von ihm bestens unterhalten, aber nicht wenige hetzten auch gegen ihn.

Die Aussstellung „Das war spitze! Jüdisches in der deutschen Fernsehunterhaltung“, die seit Dienstag und bis 6. November im Jüdischen Museum in München läuft, nimmt beide Aspekte auf.

Rosenthals Show „Dalli, Dalli“ läuft über die Monitore, die Reaktionen sind den Protokollen der ZDF-Zuschauerredaktion geschuldet. Die Anrufer, die gegen Rosenthal oder den Politagitator Gerhard Löwenthal wüteten, waren Wiederholungstäter. „Unser antisemitischer Stammkunde ...“, notierte ein Protokollant. Rosenthal ist in das Zentrum der Schau gerückt, die über zehn Stationen das „Jüdische“ in Show, Serie und Film nicht wirklich fassen kann, trotzdem eine mehr als interessante Perspektive aufmacht.

Anders als Rosenthal agiert Michel Friedman als „öffentlicher Jude“; sein Auftreten werde stets mit seiner jüdischen Identität in Zusammenhang gebracht, sagte Kuratorin Ulrike Heikaus. Das s-förmige rote Sofa aus Friedmans ARD-Talkshow sieht aus wie ein Ausrufezeichen. Die Ausstellung erinnert auch an die Erfolge israelischer Künstler wie des Gesangduos Esther und Abi Ofarim. Bei vielen anderen Protagonisten, zum Beispiel beim Schauspieler und Quizmaster Fritz Benscher, spielte die jüdische Herkunft in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle.

Die Schau befasst sich mit zwei „Tatort“-Fällen, die im jüdischen Umfeld spielen, sowie mit Juden in der „Lindenstraße“. Die Rolle des Pizzabäckers Enrico Pavarotti war darauf angelegt, die Reaktion der nichtjüdischen Umwelt aufzuzeigen. Im Dezember 2010 war es dann Mutter Beimer, die die Verlegung von Stolpersteinen in der „Lindenstraße“ anregte. Das war spitze, oder? Joachim Huber

1 Kommentar

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    ...nur dass im echten München

    die Stolpersteine wieder entfernt worden sind. Die meisten jüdischen Gemeinden lehnen die Stolpersteine ab, nicht etwa, wie gerne kolportiert wird, weil sie Charlotte Knoblochs Argumentation folgen, die Namen würden mit Füßen getreten, sondern weil so etwas keine Form des jüdischen Totengedenkens ist, in dem niemals an den Häusern erinnert wird, und weil, nach allem Leid, die Gojim sich nicht auch noch der Erinnerung bemächtigen sollten.

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